Thema: Entenzeit
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21.10.2006, 12:39 #1
Einer von denen
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Entenzeit
Entenzeit
ja mir geht es gut
manchmal liege ich ein wenig länger
im bett
und manchmal stehe ich erst gar nicht auf
aber wenn man keine verpflichtungen mehr hat
kann man sich das erlauben
ja mir geht es wirklich gut
außer am sonntag
denn am sonntag gehe ich immer auf den friedhof
zu meiner verstorbenen frau
ich denke oft an sie
und am sonntag ganz besonders
anschließend spaziere ich immer
zu dem kleinen park neben dem friedhof
dann drehe ich eine runde
um den ententeich
und füttere diese mit mitgebrachtem brot
von der vorwoche
letztes jahr
habe ich einmal versucht
mich in den teich zu stürzen
da ich für einen moment gedacht hatte
ich sei eine ente
und wollte schwimmen gehen
die wiederbelebungsversuche des notarztes
waren erfolgreich
aber ich konnte lange zeit nicht sagen
ob ich mich darüber freuen sollte
oder nicht
ich glaube dass ich nicht mehr fühlen kann
aber eigentlich geht es mir gut
außer am sonntag
denn am sonntag gehe ich immer auf den friedhof
zu meiner verstorbenen frau
und erzähle ihr
dass ich eine ente bin
Bin mir bei der Rubrik alles andere als sicher - hätte das viel lieber in einer Art "Zwischenwelt" zwischen Lyrik und Prosa gesehen, denn tatsächlich ist der folgende Text Prosa - aber eben weder Kurzgeschichte, noch Märchen noch Erzählung. Daher: Wenn hier ein Mod drüber stolpert und eine Idee hat, wohin das Werkl besser passen würde (von mir aus auch gerne zu den Kurzgeschichten, lasse mich gerne überzeugen), dann möge er hin- und herschieben, wie es beliebt.
Viele Grüße
Thomas"Man schreibt nicht, was man schreiben möchte, sondern was man zu schreiben fähig ist."
Jorge Luis Borges
Mein Wiedereinstiegsgedicht nach all der Zeit: So ist mein Herz ein dunkler Teich
Meine Werke und meine Empfehlungen.
Freiwillige Selbstverpflichtung 3:1
Und hier noch auf Wunsch von Nachteule etwas von ihm (als Dank für die Hilfe im Mod-Faden): Nachteule
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21.10.2006, 14:31 #2
gefaltet
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Hallo Roderich,
Dein Gedicht? Ich nenne es mal "Werk"
Ich weiss nicht, ob es eher zur Kurzgeschichte hingehört.
Aber:
Dein Werk habe ich wirklich gerne gelesen(auch ein zweites Mal). Es wirkt sehr realistisch.
Ich habe das Bild eines leicht "verwirrter" Mannes, der ein Stück seines Leben erzählt.
Obwohl eigentlich nicht viel presigegeben wird, kann ich mir alles so gut vorstellen. Wie sagt man?Manchmal ist weniger, mehr!
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21.10.2006, 17:47 #3
Einer von denen
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Hallo E. Gefährtin,
vielen Dank für deinen Kommentar und für das gleich zweifache Lesen.
Ich selbst würde den Erzähler eher als aus der Realität ausgestoßen denn bloß leicht verwirrt sehen. Offensichtlich ist er über den Verlust seiner Frau nicht hinweg gekommen und er hat sich daher eine Scheinwelt aufgebaut, die bedenklich nahe an der Selbstzerstörung ist.
Jedenfalls vielen Dank für deine Worte!
Viele Grüße
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21.10.2006, 17:56 #4
gefaltet
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Ja, das fand ich in deinem Werk auch gut! Als Leser spürt man das er leidet und irgendwie abseits des "alltäglichen" Lebens ist, aber auf der anderen Seite, sagt er: " Mir geht`s gut." Als würde er sich selber beruhigen.
Schon eine tragische Gestalt, würde gerne mehr davon lesen.
Gruß Katrin