Thema: Sonnenaufgang
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29.10.2006, 16:28 #1
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Sonnenaufgang
Hallo Leute,
ich bin neu hier und wollte mich erstmal vorstellen. Also, mein Name ist Katrin, ich bin 10 Jahre alt und wohne in Bamberg (Wem das nichts sagt, es liegt in Oberfranken). Auf diese Seite bin ich durch eine Freundin gestoßen, sie hat sie mir empfohlen. Und ich bin wirklich begeistert von euren Gedichten. Nunja, ich lass euch mal gleich eines von mir hier...
Sonnenaufgang
Sie geht sanft mit leisem Gesang
durch die kalte Nacht.
An Seen und Flüssen entlang,
da hat sie sich gedacht:
Ach wär es schön, wär Er jetzt hier
und hält mich im Arme lang.
Würd' Er es jetzt sagen mir,
wär das der schönste Sonnenaufgang.
Ich weiß es ist nichts Spektakuläres. Aber ich hoffe dass ich durch eure "Tipps und Tricks" dazulerne und mich weiterentwickeln kann.
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29.10.2006, 16:37 #2
Heimatloser
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Erstmal herzlich willkommen hier im Forum. Ich hoffe du findest deinen Spaß daran dich mit Lyrik zu beschäftigen.
Du bist zwar mit 10 Jahren noch eine der jüngsten Personen hier, aber ich werde dein Gedicht trotz allem genauso kritisieren wie die der anderen auch. Nur so lernst du etwas. Kritik an deinem Gedicht ist keine Kritik an dir.
Sonnenaufgang
Sie geht sanft mit leisem Gesang
durch die kalte Nacht.
An Seen und Flüssen entlang,
da hat sie sich gedacht:
Die ersten zwei Verse gefallen mir ganz gut, sie sind zwar nicht besonders, aber sie vermitteln dem Leser ein Bild beim Lesen. Auch V3 ist vom Bild her in Ordnung. Nur, kann eine Person wirklich innerhalb einer Nacht an mehreren Seen und Flüssen entlang gehen? Ich denke mal eher nicht.
V4 gefällt mir nicht, das Wort "da" ist zu umgangssprachlich. Zudem sind einzelne Strophen ein Sinnzusammenhang. Bei dir wird der Inhalt relativ stark unterbrochen und es beginnt eine neue Strophe.
Ach wär es schön, wär Er jetzt hier
und hält mich im Arme lang.
Würd' Er es jetzt sagen mir,
wär das der schönste Sonnenaufgang.
Hier verdrehst du in V2 den Satzbau um den Reim zu halten, das wirkt daher sehr gekünstelt. Zudem gefällt mir auch das Bild des Sonnenaufgangs nicht, denn eben war es noch "kalte Nacht", der Übergang zum Morgen fehlt einfach. So wirkt es, als ob du das Bild des Sonnenaufgangs einfach mal so reinwirfst, weil du es noch nennen wolltest.
Insgesamt kann man an der Idee noch einiges machen, aber es ist schonmal ein kleiner Anfang. Les dir weiterhin gute Gedichte durch, lese selber viele Bücher und dann wird das auch bezüglich der Sprache noch besser.
Wenn du möchtest versuch mal ein wenig die genannten Schwachstellen zu verbessern, wenn dazu Fragen sind oder du Hilfe brauchst sag bescheid. Ich schau mir eine Überarbeitung gerne an und beantworte dir Fragen.
Gruß,
FloNeustes Werk aus meiner Feder:
Liebe und Romantik - Schlaflied (für L.), Ein Leiserwerden, ohne TitelVerzweiflung schreit nicht, Verzweiflung schweigt.
Die Melancholie des Seins - Fortsetzungsgeschichte
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29.10.2006, 16:44 #3
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Herzlichen Dank für die Kritik, werde mich gleich an die Überarbeitung setzen.
Ich erwarte von euch gar nicht dass ihr mich "sanfter" behandelt als die anderen. Sonst könnte ich ja gleich in die Schule zu meiner Deutschlehrerin gehen. Also passt schon dass du mich so kritisierst wie du es bei anderen auch tust.
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29.10.2006, 17:58 #4
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trotzdem ziemlich, ziemlich cool.
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29.10.2006, 18:10 #5
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So lieber Ensimismado,
hier ist nun die Überarbeitung.
Ich hoffe doch sie gefällt dir besser als das Gedicht, welches ich zuvor geschrieben habe:
Sonnenaufgang
Sie geht sanft mit leisem Gesang
durch die kalte Nacht.
Die Sterne weisen ihr den Weg entlang
und der Mond hält über sie Wacht.
Doch allmählich schwinden die Nachtgestirne
und der Tag bricht wieder an.
Die Strahlen der Sonne schleichen sich langsam
an die junge Schönheit heran.
Sie blickt in den Himmel
und das Gefühl ist da.
Sie erinnert sich an Ihn.
Ein einziger Gedanke, so klar:
"Ach wär es schön, wär Er jetzt hier
und hält mich in seinem Arm.
Würd' Er es jetzt sagen zu mir,
wär das der schönste Sonnenaufgang."
Kleine Frage noch: Was für Bücher würdest du mir empfehlen, damit ich mein Deutsch verbessern kann. Ich wohne nämlich erst seid 4 Jahren hier (zuvor in Polen). Bin aber trotzdem zweisprachig aufgewachsen.
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29.10.2006, 18:10 #6yaira Guest
Hallo LilLady,
willkommen hier. Wir sind rein räulich ja beinahe Nachbarinnen
Erstmal möchte ich deine Einstellung loben. Es ist schön zu sehen, dass du Kritik ernsthaft aufnimmst und schon mit 10 Jahren wirklich Interesse an Sprache und Lyrik hast.
Die Schwachstellen hat dir Flo schon gezeigt. Was ich jetzt noch positiv erwähnen möchte ist, dass du nicht wie die meisten, die erst mit dem Schreiben anfangen, den Paarreim verwendest, sondern mit einem sauberen Kreuzreim arbeitest.
Auch solltest du unbedingt beibehalten, dass du Bilder in deinen Gedichten zeichnest. Mir gefällt das Ende recht gut, da ich es als Gegensatz zur Kälte in S1 lese und als Sinnbild für die Wärme, die vom lyr. Du ausgeht, schönes Bild.
Ich bin wirklich schon gespannt, wie sich deine Gedichte weiterentwickeln.
Liebe Grüße
yaira
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29.10.2006, 19:32 #7
Heimatloser
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Nun, du verstehst schnell, von daher bau ich diesmal gleich noch eine Metrikanalyse mit ein.
x = unbetonte Silbe
X = betonte Silbe
Es ist am besten im festen Rhythmus zu schreiben, also z.b. xX (Jambus), Xx (Trochäus), gibt zwar noch andere Arten, aber mit denen will ich dich erstmal noch nicht qüälen, die schaust dir am besten im Sprechzimmer unter Allgemeine Einführung an. Zudem ist es am schönsten, wenn die Strophen auch eine einheitliche Anazhl an Silben pro Verszeile haben.
Sie geht sanft mit leisem Gesang
durch die kalte Nacht.
Die Sterne weisen ihr den Weg entlang
und der Mond hält über sie Wacht.
XxXxXxxX
XxXxX
xXxXxXxXxX
XxXxXxxX
Metrisch noch durcheinander, aber inhaltlich gefällt es mir jetzt besser.
Doch allmählich schwinden die Nachtgestirne
und der Tag bricht wieder an.
Die Strahlen der Sonne schleichen sich langsam
an die junge Schönheit heran.
XxXxXxxXxXx
XxXxXxX
xXxxXxXxxXx
XxXxXxxX
Auch hier noch keine gute Metrik, aber wenn wir das jetzt mal außer Acht lassen würde ich dir raten, nehme das Wort "Doch" aus V1 weg, das liest sich komisch. Vom Bild her gefällt mir die Strophe schonmal. Allerdings fehlt natürlich in V1/V3 der Reim.
Sie blickt in den Himmel
und das Gefühl ist da.
Sie erinnert sich an Ihn.
Ein einziger Gedanke, so klar:
xXxxXx
xXxXxX
XxXxXxX
xXxXxXxxX
Vielleicht stellst du das ein wenig um:
Beim Blicken in den Himmel kommt ihr
erneut nun ein Gefühl,
die Bilder als einzges Souvenir
schicken ihr nur einen Gedanken
Ist jetzt ohne feste Metrik und auch nur mit einem Reim, war lediglich ein kleiner Versuch hier mehr Bildlichkeit einzubauen.
"Ach wär es schön, wär Er jetzt hier
und hält mich in seinem Arm.
Würd' Er es jetzt sagen zu mir,
wär das der schönste Sonnenaufgang."
xXxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxxX
xXxXxXxXx
Vielleicht V3 umändern in "würd er jetzt zu mir sprechen", dann muss das "es" nicht so undefiniert herumstehen.
Insgesamt wieder gute Ansätze, sollte beim nächsten mal eine feste Metrik haben und versuche noch mehr Metaphern/Bilder einzubauen. Der Leser muss beim Lesen ein Bild vor Augen haben.
Ich würde an deiner Stelle jetzt nicht krampfhaft versuchen dieses Werk komplett in fester Metrik zu schreiben. Behalte die Tipps lieber für deine nächsten Werke, denn da kannst du von vorneherein darauf achten. Im Nachhinein ist das denke ich zu kompliziert.
Kleine Frage noch: Was für Bücher würdest du mir empfehlen, damit ich mein Deutsch verbessern kann. Ich wohne nämlich erst seid 4 Jahren hier (zuvor in Polen). Bin aber trotzdem zweisprachig aufgewachsen.
Gruß,
FloNeustes Werk aus meiner Feder:
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29.10.2006, 20:11 #8
Festival
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Hallo, Lillady,
ich wünschte mit 10 Jahren schon solche Gedichte geschrieben zu haben! Toll!
Jetzt das "Aber", das Du bei heinzi immer wieder entdecken wirst. Meine Vorredner/innen haben ja schon gewichtige Sachen, die Dir bestimmt weiter helfen, gesagt. Manchmal muss man sich aber vor "Verschlimmbesserungen" hüten. Deine Frage nach Literatur ist ja beinahe umfassend beantwortet. Nimm Heinrich Heine und Rilke (seine frühen Gedichte) dazu, sie wirken bestimmt sprachfördernd. So, jetzt kommt das, was mir aufgefallen ist:
1. Vers, letzte Strophe: Ach, wär es schön, wär er jetzt hier - da gefällt mir die Doppelung nicht.
2. Vers, letzte Strophe: und hält mich ... - Du hast im Konjunktiv begonnen, dann müsste der zweite Vers lauten: und hielte mich ...
Für die erste Strophe hätte ich einen Vorschlag (und damit hättest Du eine saubere Metrik, nämlich einen dreihebigen Jambus xX/xX/xX in der ersten,
einen dreihebigen Trochäus plus Zäsur nach "Nacht" in der zweiten Zeile Xx/Xx/X-, gefolgt von einem vierhebigen Trochäus mit Zäsur in der dritten Zeile Xx/Xx/Xx/X- und einem der ersten Zeile entsprechenden vierhebigen Jambus in der vierten Zeile xX/xX/xX/xX/. Das sähe dann so aus:
Sie geht mit leisem Sang
einsam durch die Nacht,
geht den Sternenweg entlang,
der Mond hält über ihr die Wacht.
Wenn Dir das nicht ganz zuwider ist, würde ich mich auch an die anderen Strophen begeben. Aber ich warte erstmal auf Reaktionen.
Liebe Grüße und - mach weiter!
heinzi
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29.10.2006, 20:55 #9
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Danke für eure Kritik, ich werde jetzt erst mal die Sache mit dem Jambus, Trochäus und Zäsur etwas verinnerlichen müssen, bevor ich mich an das nächste Gedicht heranwage. Danke auch für die Literaturtipps.
Das Buch "Während der Regenbogen verblasst" von Peter Pohl habe ich schon gelesen und auch "Der Regenbogen hat nur acht Farben". Es ist zwar traurig, aber wunderschön.
Zitat von Ensimismado
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29.10.2006, 20:59 #10
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Kommt schon so rüber, wirkt aber zu undefiniert beim Lesen, so war das gemeint.
Hm, ja dann hast auf jedenfall nen guten Buchgeschmack. Ich werd die Tage mal schauen was ich dir noch empfehlen kann.
FloNeustes Werk aus meiner Feder:
Liebe und Romantik - Schlaflied (für L.), Ein Leiserwerden, ohne TitelVerzweiflung schreit nicht, Verzweiflung schweigt.
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