Das Kinderzimmeraufräummonster
Nadja und Lucie gingen fröhlich in ihr Kinderzimmer, sie hatten sich ein spannendes Spiel ausgedacht und wollten nun so schnell wie möglich ihrer Fantasie und dem Spiel freien Lauf lassen. Zwar störten die Spielsachen auf dem Boden und die Kleider vom letzten Abend, doch die waren schnell mit den Füßen an Seite geschoben. Es dauerte nicht lange bis die Kinder ganz in ihrem Spiel vertieft waren und es doch tatsächlich irgendwie vergessen hatten, der Bitte ihrer Mutter nachzukommen eben wenigstens die Schmutzwäsche nach unten an die Waschmaschine zu bringen.
Plötzlich unterbrach Lucie ihr Spiel. „Hör mal“, flüsterte sie: „da ist doch was im Schrank!“
Beide Mädchen hörten jetzt angestrengt in die Stille des Raumes. Tatsächlich hörte man ein leises Rumoren und… war das etwa ein Schluchzen? Die beiden sahen sich fragend an, Nadja zuckte mit den Schultern. „Vielleicht nur der Fernseher von unten?“ schlug sie vor, doch die Geräusche stammten eindeutig aus dem großen Kleiderschrank. Flüsternd berieten die Mädchen ihre nächsten Schritte und beschlossen mutig im Schrank nach dem Grund der seltsamen Töne zu forschen.
Leise und auf Zehenspitzen näherten sie sich der Doppeltüre des alten Schrankes, die wie immer quietschte und in den Scharnieren knarzte, als Lucie und Nadja vorsichtig je eine Hälfte der Tür aufzogen.
Unten im Schrank, versteckt zwischen den aufgehängten Kleidern, Röcken und Wintermänteln, saß das seltsamste Wesen welches die beiden Blondschöpfe jemals zu Gesicht bekommen hatten.
Es war ganz grün mit gelegentlichen roten Punkten in seinem Schuppenpanzer, es hatte lange Krallen und einen gezackten und gegabelten Schwanz, den es traurig um sich herum geringelt hatte. Aus seinen großen Augen quollen dicke Tränen, die in einem Schwall aus dem Schrank flossen als sich so plötzlich die Türe öffnete.
Erschreckt fuhr das Monster zusammen. „Wo bin ich hier?“ flüsterte es: „Bitte, bitte tut mir nichts!“
Es lag ein Flehen in der Stimme das angesichts dieser wundersamen Gestalt nicht recht zu passen schien.
Zuerst wollten die Mädchen aus lauter Angst die Türe wieder zuschlagen doch dann überwog ihr Mitleid mit dieser jammervollen Erscheinung.
„Wo kommst du den her?“ fragte Nadja, schwankend zwischen Furcht, Erstaunen und Neugierde: „Und warum weinst du so sehr?“
„Ich weiß nicht was passiert ist, keine Ahnung wie hierher komme, könnt ihr mir helfen?“
fragte das grüne Wesen voller Hoffnung.
Diesmal zog Lucie die Schultern hoch „Dafür müssten wir erst einmal wissen, wo du herkommst.“ erklärte sie dem Monster
„Na, von zu Hause natürlich!“ kam die prompte Erwiderung. Nadja musste kichern, schlug sich aber dann die Hand vor dem Mund als sie das leicht gekränkte Gesicht des Fremdlings sah.
„Tschuldigung“, gluckste sie: „aber wir wissen immer noch nicht wo dein zu Hause ist.“
Wieder flossen Tränen: „D dd daaaa wo meine Mama iiiist!“
Tröstend legten die Mädchen ihre Hände auf die Schuppenschultern des weinenden Monsters.
„Was hast du denn gerade gemacht, als du von zu Hause verschwunden bist?“ fragte Lucie.
Also wenn ein grünes Schuppenmonster mit roten Flecken, langen Krallen und einem gezackten und gegabelten Schwanz rot werden konnte, dann wurde dieses Monster jetzt rot. „Mmh, mmmhh,mmmmhhhh!“ murmelte es.
„Was? Was hast du gesagt? Ich hab kein Wort verstanden!“ riefen Lucie und Nadja durcheinander.
„Mann, ich habe mich gerade vor meiner Mama im Schrank versteckt weil ich aufräumen sollte. Was ist? Ich hatte eben keine Lust dazu!“ begehrte das Monster auf als jetzt beide Mädchen kicherten.
„Übrigens scheint das ja auch nicht gerade eure Lieblingsbeschäftigung zu sein“ bemerkte es spitz als es sich nun vorbeugte um das Zimmer der Kinder zu begutachten.
Jetzt lag es an den Zweien rot zu werden und irgend etwas zu murmeln das wie „vergessen“ oder ähnlich klang. Nun grinste der Grünling schadenfreudig doch wurde sein Gesicht schnell wieder ernst als Nadja bemerkte, dass das ganze Gerede von Zimmer aufräumen und so nicht das eigentliche Problem der Heimkehr lösen würde.
Als die Augen des Monsters sich schon wieder mit Tränen füllten, hatten die Kinder es eilig das Wesen zu trösten, da schon alles tropfte und pitschnass war. Gemeinsam überlegt man nun was man machen könnte um Hilfe zu leisten doch weder die genaue Untersuchung des Schrankes noch irgendein Zauberspruch ließen den Gast verschwinden. Eine Zeit lang war es ganz still im Zimmer als alle drei ratlos über eine Lösung nachdachten. Das Monster seufzte und Nadja schlug vor, dass das Monster ruhig in ihrem Bett schlafen könnte was das Monster wieder zum heulen brachte: „ Ich will aabbeeer liiiebber in meihhhnemmmm Bett schlaaafen!“ brüllte es. Beide Mädchen schlangen die Arme um den traurigen Besuch. „Weißt du was?, sagte Lucie: „wir versuchen jetzt mal was ganz verrücktes.“
Die beiden anderen sahen sie fragend an.“Wir räumen jetzt alle zusammen unser Zimmer auf und sehen was passiert.“
Ein Sturm voller empörter Fragen brach über sie. „Nun ja, ich meine nur…“, druckste sie „ du solltest doch aufräumen und wir…mmh…wir auch, aber wir haben lieber gespielt. Also wir alle sollten was tun und haben es nicht getan, immerhin liegt darin eine Gemeinsamkeit, denn dann bist du plötzlich aufgetaucht, wir sollten es zumindest versuchen.“
Da niemand eine andere Idee hatte wurde der Plan direkt in die Tat umgesetzt doch als alles ordentlich war, war das Monster immer noch da. Wieder herrschte ratlose Stille. Jäh setzte Nadja sich auf: „Ich hab´s, wir haben nur unser Zimmer aufgeräumt, aber nicht seins!“
„Wie denn auch, wir wissen noch nicht einmal wie wir ein mein Zimmer kommen:“ jammerte das Monster. „Wie wäre es, wenn wir uns alle in den Schrank setzten und sehen was geschieht?“ fragte Nadja.
Gesagt, getan es sah schon ziemlich seltsam aus wie die drei sich in den Schrank quetschten, der obwohl ziemlich groß, für zwei blonde Mädchen und einem grünen Monster doch etwas eng war. Nachdem sie die Türen von innen notdürftig zugezogen hatten, hob ein Schieben und Drängeln an und jeder beschwerte sich bei dem Andere, dass er zuviel Platz wegnahm. Es kam wie es kommen musste, mit lautem Holterdipolter stürzte die Bande wieder aus dem Schrank und…
war nicht mehr im Zimmer der Mädchen. Ängstlich aber auch neugierig sahen die Kinder sich um. „Also die Einrichtung ist schon anders, aber es ist eindeutig ein Kinderzimmer.“ lächelte Lucie und wies auf sonderbare Gegenstände die wild im Zimmer und auf dem Boden verteilt lagen. Man sollte eben bedenken, dass Monsterkinder wahrscheinlich mit ganz anderen Dingen spielen als Menschenkinder, doch waren die Unterschiede nicht mehr wichtig, als das kleine Monster anfing zu erklären was wofür gebraucht wurde. Bald war ein angeregtes Spiel im Gange. Irgendwann jedoch fiel den Mädchen wieder ein, dass sie auch wieder nach Hause wollten, nun hieß es also ausprobieren ob der Weg zurück genauso einfach war wie der Hinweg. Es gab nur eine Art dies heraus zu finden, alle mussten wieder mit anpacken und helfen das Zimmer in Ordnung zu bringen. Nadja und Lucie war es schon etwas unheimlich, als sie sich wieder in den Schrank setzten und ihr neuer Freund die Türe von außen zudrückte.
„Woran merken wir denn, dass wir wieder zu Hause sind?“ wollte Nadja wissen. „Keine Ahnung“, erwiderte Lucie “wir werden sehen.“
Auf einmal wurden die beiden durch helles Licht geblendet als die Schranktür aufgerissen wurde. „Könnt ihr mir mal erklären, was ihr hier im Schrank macht?“ fragte eine ziemlich verdutzte Mutter ihre zwei Töchter. „Ich wollte euch gerade beim aufräumen helfen aber wie ich sehe ward ihr auch alleine ziemlich fleißig!“
Sie runzelte kurz die Stirn, schüttelte den Kopf und wunderte sich über ihre Kinder die kichernd und lachend aus dem Schrank purzelten. „ Aber Mama, uns hat doch das Kinderzimmeraufräummonster geholfen, kennst du das denn nicht?“
„Kinder, eure Fantasie möchte ich haben, vielleicht würde ich dann auch lieber aufräumen.“ stöhnte die Mutter, die einen Packen frischer Wäsche im Schrank verteilte. Mit ganz ernsten Gesichtern aber blitzenden Augen erklärten die Mädchen: „Ganz einfach Mama, du darfst nichts mehr tun und musst dich in den Schrank setzen.“
Bei der Vorstellung fingen alle drei an zu lachen und Mutter kitzelte ihre Mädchen durch.
„Das hättet ihr wohl gerne aber bei Gelegenheit müsst ihr mir mal erklären warum dieser Schrank so nass ist.“